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In einer Welt, in der Menschen von Konsumgütern überschwemmt werden, ist es nicht einfach Produkte und Dienstleistungen anzubieten, welche nicht nach kurzer Zeit den schalen Geschmack hinterlassen, dass man nur wieder ein kurzfristiges Bedürfnis erfüllt hat. Als Marketer wollen wir ja eigentlich, dass unsere Produkte und Dienstleistungen unsere Kunden glücklich machen. Daher macht es Sinn, sich mit dem Begriff des Glücks eingehender zu befassen.
Ich habe zwei Philosophen herausgepickt, die sich beide ausführlich mit dem Glücksbegriff befasst haben. Sie haben eine unterschiedliche Herangehensweise, kommen aber auf das gleiche Resultat:
Aristoteles Glücksbegriff
Aristoteles hat in seiner Zeit bereits geschafft, was dem modernen Menschen als Fähigkeit abhanden gekommen zu sein scheint. Ein massvoller, verantwortungsvoller Umgang mit dem Glücksbegriff. Er hat verstanden, dass das Glück nur ein Nebenprodukt dessen ist, worauf es im Leben ankommt. Mit dem Begriff eupraxia, bezeichnet er das vortreffliche Wohlverhalten, also das gute und gerechte Leben. Das Glück ist demnach nicht eine Folge des Zufalls, sondern wird dem zuteil, der seine Möglichkeiten optimal nutzt. Allerdings meint er damit nicht die Anhäufung materieller Güter, sondern eine Tätigkeit, die über die Befriedigung von Bedürfnissen zur Lebenserhaltung hinausgeht. Ein Leben, das sich von der Sorge für das Lebensnotwendige befreit hat. Damit gibt Aristoteles bereits einen Hinweis darauf, dass es im Leben darum geht, sich von überflüssigen materiellen Wünschen zu befreien. Er ruft dazu auf, sich auf eine Sinnsuche zu begeben.
Was bringt mir persönlich Sinn? Was ist ein sinnhaftes Tun? Wie fühle ich mich selbstwirksam? Wie kann ich etwas auf dieser Welt bewegen? Da diese Sinnhaftigkeit nur im Tun richtig seinen Ausdruck findet und erlebt werden kann, ist ein aktives Leben unabdingbar. Aktiv sein bedeutet aus der Opferrolle herauszutreten und Verantwortung zu übernehmen. Ganz wie Viktor Frankl es sagt: „Sinn kann nicht gegeben, sondern muss gefunden werden.“ Es ist also Aufgabe des Menschen, diesen Sinn aktiv aufzuspüren.
Kierkegaards Innenschau
Für uns stellt sich aber natürlich die Frage: Wie spüre ich den Sinn des Lebens auf? Orientiere ich mich am Genuss und mache ihn zum höchsten Prinzip? Der Utilitarismus greift in einer immer komplexer werdenden und dichter bevölkerten Welt zu kurz, denn wenn z.B. die Ökologie zurückstehen muss, damit die grosse Masse der Menschheit sich alle materiellen Wünsche erfüllen kann, dann kollabiert unser Planet. Wer egoistisch Kollateralschäden in Kauf nimmt, kann kaum mit reinem Gewissen schlafen. Deshalb ist das Gewissen ja so wichtig als Wegweiser auf der Sinnsuche.
Sollten wir schauen, was unsere Mitmenschen glücklich macht und uns danach ausrichten? Leider führt dieser Weg gleich wieder in den vergleichenden Materialismus. Wenn mein Nachbar ein tolles Auto hat, sollte ich wohl auch eines haben. Ich gehe daher einer Arbeit nach, die mich nicht glücklich macht, um Menschen zu beeindrucken, die mich nicht glücklich machen. Oder ich möchte ein Kind, weil alle Freundinnen meines Alters ein Kind haben. Spätestens wenn mein Kind die ganze Nacht durchschreit, ist dieser Wunsch nicht mehr ganz so erstrebenswert. Deshalb bleibt dem Menschen nichts anderes übrig als wie Kierkegaard es vorschlägt, Innenschau zu betreiben.
Was macht mich wirklich glücklich? Was gibt mir Sinn im Leben? Helfe ich gerne Menschen? Dann sollte ich dies möglichst den grössten Teil meines Tages tun, ganz so wie es Aristoteles beschreibt. Erfreue ich mich an der Natur, dann sollte ich möglichst den grössten Teil meines Tages draussen sein und mit meinen Händen Pflanzen und Erde berühren können. Bin ich gerne körperliche aktiv, so sollte ich mich möglichst viel bewegen. Nun kann man natürlich nicht immer sein ganzes Leben umstellen. Aber man kann kleine Schritte in die richtige Richtung tun. Und dann erlebt man eben, dass bereits der Weg hin zu einem sinnerfüllten Leben Spass macht. Allein schon das Gefühl auf dem richtigen Weg zu sein, erfüllt einen mit Freude, auch wenn man sein eigentliches Ziel vielleicht nie erreicht, denn man hat das Gefühl selbstbestimmt zu sein. Darum geht es Aristoteles und darum geht es eigentlich auch Kierkegaard.
Glück ist die Suche nach dem Sinn
Wer denn Sinn des Lebens sucht, nimmt den krampfhaften Fokus vom Glück und stellt sein Leben in den Dienst einer höheren Sache. Er begreift, dass sein Schaffen eigentlich göttlich ist, dass er der kreative Schöpfer seiner Welt ist. Wer darauf achtet, dass sein Leben mit Sinn erfüllt ist, engagiert sich von selbst. Denn wer auf einem sinnerfüllten Leben besteht, wer selbstbestimmt leben möchte, der muss aus der Opferrolle hinaus. Das braucht Mut, den Mut für sein Leben Verantwortung zu übernehmen. Und dafür ist der Mensch auch leistungsbereit, denn die Leistung ist das Resultat seines sinnerfüllten Lebens. Sie führt uns vor Augen, dass wir in dieser Welt etwas bewegen können.
Die schwierigste Hürde ist jedoch für den Menschen der Umgang mit Niederlagen. Wenn das Glück mir einmal nicht hold ist, obwohl ich meine ganze Kraft in eine Anstrengung gelegt habe und für eine gute Sache gekämpft habe. Wie kann ich mich dann wieder motivieren? Wie kann ich weitermachen? Dies gelingt nur, wenn ich verstehe, dass das Glück schon da ist. Es sich eben nicht um einen fehlenden Gegenstand handelt, sondern um einen Zustand, den ich frei wählen kann. Ich verstehe ein Unglück dann als einen Hinweis darauf, dass ich mich auf meinem Weg meinen Sinn im Leben zu suchen, verirrt habe, dass ich mich eventuell zu sehr an ein Ziel geklammert habe. Dann kann die Dankbarkeit und Zuversicht helfen, mein Leid zu relativieren und meinen Fokus wieder neu einzustellen.
Glück ist aus meiner Sicht nicht wählerisch, natürlich erhalte ich es nicht, wenn ich darum bettle. Ich erhalte es, wenn ich erkenne, dass es schon da ist, indem ich dankbar bin für das, was ich habe, und zuversichtlich bleibe, dass ich selbstwirksam meine Suche nach dem Sinn des Lebens fortsetzen kann. Und die spannende Suche nach dem Sinn des Lebens an sich, bringt mir persönlich schon jeden Tag Freude. Was für ein Privileg haben wir Menschen doch, dass wir als einzige Spezies in diesem Universum nach dem Sinn unseres Leben fragen können!
Und was bedeutet das jetzt fürs Marketing?
Das bedeutet, dass wir uns mit unseren Produkten und Dienstleistungen näher befassen müssen. Helfen sie den Menschen bei Ihrer Sinnsuche? Vielleicht erlauben sie ja mehr Zeit für die Sinnsuche zu verwenden. Vielleicht sind sie ökologisch sinnvoll. Vielleicht bringen sie Menschen wieder näher zusammen. Vielleicht lassen sie das Herz lachen. Vielleicht helfen Sie dabei etwas Sinnvolles zu tun.
Ein Bäcker der z.B. zur Adventszeit Brote in Sternform bäckt, gibt dem einfachen Brot einen tieferen Sinn. Er erinnert uns daran nach den Sternen zu greifen. Ein Hotelier der die Einnahmen aus dem Hahnenwasser für sauberes Trinkwasser spendet, stiftet ebenfalls Sinn. Eigentlich ist es gar nicht so schwierig unsere Produkte und Dienstleistungen mit zusätzlichem Sinn zu versehen. Wir müssen nur daran denken und es in der Hektik des Alltags nicht vergessen. Ich bin überzeugt davon, dass wir damit das Glück unserer Kunden mehren können.