Herbstgedanken

Wann ist der Jahreswechsel eigentlich wirklich?

Für die meisten ist ganz klar, Weihnachten feiern wir im Dezember und nach Silvester beginnt das neue Jahr am 1. Januar. Aber war das schon immer so?


Nein, denn der Jahresbeginn am 1. Januar hängt mit dem Gregorianischen Kalender zusammen. Noch im Mittelalter gab es keinen fixen Kalender. Erst die Frankenkönige begannen mit der Einführung einzelner Feiertage, wie z.B. dem 1. Mai als Tag des Maiglöckchens "le muguet du premier mai", der von Karl dem IX 1561 proklamiert wurde.

Viele, die sich entrüsten,  wenn Kinder am 31. Oktober vor ihrer Tür "Süsses oder Saures!" rufen, wissen verständlicherweise nicht mehr, dass in keltischer Zeit an all hallows eve oder bekannter als Halloween das alte Jahr ausklang. Sie begrüssen aber den Schulsilvester oder das Silvesterchlausen. Ich nehme das jeweils schmunzelnd zur Kenntnis. Die grössten Verfechter von Brauchtum und Tradition befassen sich meist recht wenig mit den wahren historischen Gegebenheiten der Geschichte ihres Landes.


Als Kelten feierten wir wohl nicht mit einem Jack O'Lantern Kürbis, sondern mit einer ausgehöhlten Herbstrübe, dem altbekannten Räbeliechtli. Trotzdem war allen Kelten gemeinsam, dass sie in einer Vollmondnacht zum ersten wirklich kalten Herbstmorgen, den toten Ahnen und kürzlich Verstorbenen gedachten, wahrscheinlich mit Tänzen um ein loderndes Feuer. Dieses Jahr wäre dies wieder am 8. November, dem Tag der totalen Mondfinsternis.


In christlicher Zeit und mit dem Gregorianischen Kalender wurde dies aus praktischen Gründen vereinfacht. So feiern wir in den katholischen Kantonen, die witzigerweise immer noch stärker mit dem keltischen Brauchtum verwoben sind, am 1. November Allerheiligen und am 2. November Allerseelen. Und wir gedenken immer noch den Toten und Verstorbenen mit Kerzen. Ausserdem wird bei verschiedenen auf Social Media aktiven new pagans und Anhängern der wicca am 31. Oktober, der Übergang ins neue Jahr gefeiert. Sie feiern oft mit weissen, aus Trotz manchmal auch mit schwarzen, orangen oder violetten Kerzen: um das Böse zu bannen, die Wiedergeburt der Sonne zu initiieren oder eine Verbindung zum Jenseits oder der Anderswelt aufzubauen. Es soll die Nacht sein, an der der Schleier zum Totenreich und zur Welt der Geister am dünnsten ist!


Suchen Sie einmal auf Instagram nach dem Hashtag #samhain, einer Wortkreation, die aus dem Irischen samfuin stammt. Sie werden staunen wie viele Beiträge Sie finden!


Sam steht für Sommer und fuin für Ende. Sam findet sich übrigens auch im Sanskrit als sama, was Jahreszeit bedeutet. Also das Ende der Jahreszeiten und damit der Neuanfang, des unendlichen Zyklus von Leben, Tod und Wiedergeburt, an den die Kelten glaubten, denn sie orientieren sich da ganz am Werden, Gedeihen und Vergehen der Natur. Dem ewigen Zyklus, den Mutter Erde und Vater Himmel ihnen vorgaben.


Als die Iren nach Amerika auswanderten, nahmen die Heimwehgeplagten abergläubischen Pioniere ihre Bräuche und Traditionen natürlich mit. Und da Kürbisse sich besser schnitzen liessen, hat Jack O'Lantern heute ein oranges, hell erleuchtetes Gesicht mit Zahnlücken, damals gab es schliesslich noch keine Dentalhygienik, die Zähne fielen mit spätestens 40 Jahren einfach aus. Immerhin konnte man dann noch leckere Kürbissuppe schlürfen. Mmh, yummy!


Heutzutage haben wir immerhin den Verzehr von Süssigkeiten in die Konsumwelt unserer Kinder gerettet. Und wenn Sie wieder mal protestierend Ihren Kindern diese Süssigkeiten und den ganzen Brauch verbieten wollen. Dann lassen Sie die Kleinen doch mindestens eine Kerze auf dem Balkon anzünden und stellen ein Schälchen mit Milch und Honig für die Elfen hinaus. 


Die Kelten erhofften sich dadurch Glück und reiche Ernte im nächsten Jahr. Könnten wir auch heute noch gut gebrauchen oder nicht?

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